Die Wassergeburt - sanft und sicher
1200 Geburten im Wasser - Aktuelle Studie 2003

von Dr. Albin Thöni
gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung
am Kreiskrankenhaus Sterzing/Südtirol


Einleitung

Vor sieben Jahren wurde die geburtshilfliche Abteilung des Krankenhauses von Sterzing umstrukturiert. Es galt das Ambiente einladend, freundlich und angenehm zu gestalten - denn der Ort der Geburt und des Wochenbettes sollte einem Zuhause gleichen, wo Wärme und Geborgenheit ausgestrahlt werden. Mit der Installation einer Gebärwanne wurde die Rahmenbedingung für eine frauenfreundliche Geburtshilfe geschaffen, die den geänderten Ansprüchen der Frauen gerecht wird. Das geburtshilfliche Team versucht die schwangere Frau als Anspruchstellerin im Sinne eines kundenorientierten Dienstleistungsbetriebes zu verstehen, nicht als zu entbindende Patientin (1, 2).

Auch ist es ein großes Anliegen das Geburtserlebnis für die gebärenden Frauen und deren Partner zu vertiefen und insbesondere die Mutter-Vater-Kind Beziehung zu fördern (2,3). Zu diesem Zweck wurden zwei Zimmer mit Schlafzimmercharakter eingerichtet, in denen die junge Familie den ersten Tag nach der Geburt gemeinsam und möglichst ungestört verbringen kann. Die Besuchszeit wird, zumal für den Vater, großzügig gehandhabt.

Für das Wohlbefinden in den Tagen des stationären Aufenthaltes sorgt ein Frühstücksbuffet. In einem eigenen Stillzimmer unterstützen die Säuglingsschwestern die jungen Mütter beim Stillen und Wickeln und machen sie mit den Mutterpflichten schnell vertraut. Das Neugeborenenzimmer wird im Sinne eines offenen Rooming-In geführt. Im September 2002 hat die Abteilung -als eine der ersten in Italien- die Anerkennung der UNICEF als "Stillfreundliches Krankenhaus" erhalten.


Methode

Am Bezirkskrankenhaus Sterzing erfolgten in den letzten Jahren durchschnittlich 475 Geburten.
Nach der Umgestaltung der Kreißsäle und dem Einbau der Gebärwanne ist die Anzahl der Geburten, insbesondere infolge des Zustromes von Gebärenden nicht aus dem Einzugsgebiet des Krankenhauses (von 33% 1996 auf 60% 2002), von Jahr zu Jahr stetig angestiegen (2c,e).

Nach der ersten Wassergeburt im März 1997 konnte im Mai 2003 bereits die 1200ste Geburt im Wasser verzeichnet werden. Von zunächst 20 Prozent hat sich der entsprechende Anteil auf die Hälfte aller Geburten eingependelt (Abb.1). Da mittlerweile über 70% aller Gebärenden zumindest einmal unter der Geburt die entspannende Wirkung des Wassers in Anspruch nehmen, wurde vor zwei Jahren eine zweite Wanne installiert.

Unter der Geburt entscheiden die Frauen grundsätzlich selbst, wie ihnen die Atmosphäre am liebsten ist (gedämpftes Licht, Musik, Aroma - öle) und welche Positionen sie einnehmen. Die Frauen wählen also, ob sie ihr Kind in der Wanne, auf dem Bett oder auf dem Hocker zur Welt bringen wollen. (2,4,5). In der Wanne bleibt die Gebärende zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt und kann selbstverständlich von sich aus jederzeit die Geburt im Wasser abbrechen. Für die Nutzung der Wanne sollte die Gebärende, zumal beim ersten Kind, eine aktive Wehentätigkeit mit 3 - 5 Zentimeter eröffnetem Muttermund aufweisen und möglichst nicht länger als zwei Stunden ohne Unterbrechung im Wasser verweilen.


Abb.1:       Anzahl (n) und Frequenz (%) der Wassergeburten 1997 - 2002




In dieser Studie wurden die 1200 Geburten im Wasser anhand objektiver Parameter (wie der Geburtsdauer, den Dammschnitt- und Dammrissraten, dem Schmerzmittelverbrauch, dem Blutbild im Wochenbett, dem arteriellen Nabelschnur-pH-Wert, dem Base Excess, dem Geburtsgewicht sowie der Infektionsgefahr von Seiten der Neugeborenen) untersucht und mit 515 Geburten auf dem Bett sowie allen bisher erfolgten 227 Geburten auf dem Gebärhocker verglichen.
Bei den Gebärenden mit Vakuumextraktion (VE); (siehe Abb.3), mit Manualhilfe bei Beckenendlage (BEL: 1,9% an allen Geburten), sowie jenen mit Periduralanästhesie (PDA), die letztendlich auf dem Bett geboren haben, wurden die Geburtsdauer und die Dammschnittraten nicht ausgewertet, da es sich um ein Risikokollektiv handelt.
Die Geburtsdauer wurde bei den Mehrgebärenden nicht mehr berücksichtigt, da in einer vorausgegangenen Untersuchung kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte (2c).


  Häufigkeit der gewählten Gebärarten bezogen auf die Vaginalgeburten im Zeitraum 1997 - 2002   Häufigkeit der Dammschnitte und der VE (bezogen auf die Spontangeburten) und der Sectio caesarea im Zehnjahreszeitraum 1992 - 2002
  Abb. 2   Abb. 3


Für die Geburt im Wasser gelten am Krankenhaus Sterzing die bekannten Ausschlusskriterien; an erster Stelle steht ein "suspektes" oder gar pathologisches Kardiotokogramm (CTG) (2,4). Die kindliche Herzfrequenz wird zunächst außerhalb der Wanne kontrolliert, dann im Wasser während der Eröffnungsperiode intermittierend und während der Austreibungsperiode zumeist kontinuierlich mit einer kabellosen, induktiven Übertragungstechnik überwacht. Auf diese Weise bleibt sowohl die Bewegungsfreiheit der Gebärenden in der Wanne erhalten, als auch die Sicherheit des Kindes gewährleistet (2e).


Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der 1200 Frauen, die bisher im Wasser geboren haben, betrug 30 Jahre und der Anteil der Erstgebärenden 45,5 Prozent (546 von 1200), während der Anteil aller Erstgebärenden im untersuchten Zeitraum 51,3 Prozent erreicht (2 d).
Wegen einer "suspekten" kindlichen Herzfrequenz mußte bei 3,5 Prozent aller Gebärenden von einer Wassergeburt abgeraten werden, bei weiteren 4,1 Prozent wurde wegen neu auftretender CTG-Alterationen oder missfärbigem Fruchtwasser die Geburt im Wasser abgebrochen.
In der Wanne haben 47 Frauen mit Zustand nach Kaiserschnitt geboren.

Geburtsdauer
Die Geburtsdauer war bei den Erstgebärenden, die im Wasser geboren haben, deutlich verkürzt. Beim Vergleich der 546 Erstgebärenden im Wasser mit 282 auf dem Bett ist ersichtlich, dass die Verkürzung der Geburtsdauer nur die Eröffnungsphase (EP) (380 zu 473 Minuten) betrifft (Abb.4).
Die Austreibungsphase (AP) weist hingegen keinen signifikanten Unterschied auf (33 zu 37 Minuten). An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass bei der vertikalen Gebärhaltung eine genaue Unterteilung in Eröffnungs- und Austreibungsphase schwierig ist (6).
Die Verkürzung der Eröffungsperiode könnte durch die bessere Entspannung und Elastizitätssteigerung des Beckenbodens in Folge der Wirkung des warmen Wassers erklärt werden. Zusätzlich trägt die in der Wanne vermehrte Bewegungsfreiheit sowie die halbaufrechte Position möglicherweise zu diesem Effekt bei.


Abb. 4:       Erstgebärende: Dauer der Eröffnungsphase






Bei der Hockergeburt, für die das Interesse stark nachgelassen hat (Abb.2), wurde die Dauer der Eröffnungsphase nicht mehr ausgewertet, da diese nicht auf dem Hocker stattfindet (2e).

Die Dammschnitt- und Dammrissraten sind in Abb. 5 dargestellt.
Die Indikation zur Episiotomie wird grundsätzlich restriktiv gestellt und hat sich in den letzten Jahren zwischen 11 und 12% (Abb.3) stabilisiert. Aufgrund der zunehmend strengeren Indikationsstellung ist die Frequenz der Dammschnitte auch bei den Erstgebärenden, die auf dem Bett geboren haben, im Untersuchungszeitraum von zunächst 30% (1997)(2c) auf 17,3% (2002) abgesunken Die Indikation für die Dammschnitte auf dem Bett bei den Erstgebärenden war vornehmlich wegen einer verlängerten Austreibungsphase und/oder Erschöpfungszustand (bei 39 von 59=66%) und wegen zunehmendem fetalen distress (bei 20 von 59=34%) gegeben (2e,7).
Bei den 1200 Wassergeburten ist eine hochsignifikant niedrige Dammschnittrate zu verzeichnen. Die fünf Dammschnitte (5 von 1200 = 0.42%) wurden zu Beginn der Erfahrungen rund um die Wassergeburt vorgenommen. Mittlerweile werden in der Wanne keine Dammschnitte mehr durchgeführt und aufgrund der bisherigen Erfahrungen und neuerer Untersuchungen kann auf ihn verzichtet werden (8). Dies geschieht ganz im Sinne der gebärenden Frauen und im Einklang mit den Ergebnissen der internationalen Literatur (9-11). Das signifikante Einsparen an Dammschnitten bei den Wassergeburten ging indes nicht zu Lasten von vermehrten Dammrissen, diese sind beim Wasserkollektiv insgesamt sogar seltener. Bei 56,2 Prozent der Erstgebärenden im Wasser (307von 546) war weder ein Dammschnitt noch ein Dammriss zu verzeichnen gegenüber 36% im Bett und 48% auf dem Hocker (Abb.5).



Grafischer Gesamtüberblick nach
1200 Geburten im Wasser,
515  Geburten auf dem Bett und
227  Geburten auf dem Hocker

Abb.5




Um eine erhöhte Dammrissrate zu vermeiden, ist selbstverständlich die Kunst der Hebamme gefragt, die Gebärende in der Austreibungsphase möglichst nicht aktiv "nach alter Schule" zum Pressen anzuleiten, sondern sie nach ihrem Gefühl das Kind begleiten zu lassen. Sie wird aber in der entsprechenden Situation den Kopf des Kindes vor allem bei der Mehrgebärenden zurückhalten bzw. die Geschwindigkeit beim Durchtritt des Kopfes regulieren, dabei wird das Kind nicht in einer einzigen Wehe geboren. In Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass es im Entbindungsintervall zwischen der Geburt des Kopfes und des Rumpfes zu keinem bedrohlichen pH-Abfall kommt (12); es bleibt also genügend Zeit für ein geduldiges Abwarten von Seiten der Hebamme.


Schmerz-und Wehenmittel
Bei den 1200 Frauen, die in der Wanne geboren haben, konnte auf Schmerzmittel verzichtet werden, da die entspannende und schmerzlindernde Wirkung des Wassers ausreichend wirksam war.
Nur bei 4,2% der Frauen, die ursprünglich in der Wanne waren, wurde außerhalb eine Periduralanästhesie zur Schmerzlinderung angelegt, ebenso bei weiteren 1,2 %, die nie in der Wanne waren. Dieses bedeutet, dass bei 5,4 % aller Gebärenden eine PDA durchgeführt werden mußte beziehungsweise diese Analgesieform von den Frauen gewünscht wurde.
Im Durchschnitt wurden im untersuchten Zeitraum bei 14,1% aller Gebärenden sub partu Wehenmittel (Syntocinon i.v.) verabreicht (2e).Bei den Wassergeburten konnte in aller Regel auf diese verzichtet werden. Es ist zu bemerken, dass möglichst keine Venenkatheter in der Wanne gelegt werden, einerseits um den natürlichen Ablauf der Geburt nicht zu stören, andererseits um eine Eintrittspforte für Infektionen zu vermeiden.

Blutbild
Das am ersten Tag nach der Geburt untersuchte Blutbild hat keine signifikativen Unterschiede zwischen den Frauen, die im Wasser und auf dem "Land" geboren haben, ergeben: im Durchschnitt hatte das Blutbild einen Wert von Hb 11,08g/dl gegenüber 10,07g/dl nach der Landgeburt (2e).

Das Neugeborene
Das Geburtsgewicht betrug im Durchschnitt in den drei Gruppen um 3250 gr.
Alle 1200 Wasser-Babys waren klinisch unauffällig.
Es war kein signifikanter Unterschied in Bezug auf den arteriellen Nabelschnur-pH-Wert (im Mittel im Wasser 7,27 zu 7,26 auf dem Bett) und den Base Excess (im Mittel -5,35meq/l zu -6,05meq/l) aufzuweisen.
Auch das Neugeborene mit den schlechtesten Blutgasanalysewerten (arter. pH=7,03 und BaseExcess =-12,4meq/l), das die Nabelschnur zwei Mal straff um den Hals trug, hat sich rasch erholt.
Aufgrund konsequenter Richtlinien und großer Umsicht der Hebammen ist es nie zu einer dramatischen Situation bei den Wassergeburten oder gar zum vorzeitigen Erlöschen des Taucher-bzw Luftanhaltereflexes gekommen, der bei der intrauterinen Azidose nicht mehr gewährleistet ist. Dieser Reflex verhindert, dass die im Wasser durch die Faeces unter der Geburt ausgeschiedenen Keime in die Lunge eindringen und eine Infektion des Neugeborenen verursachen können.
Im Kollektiv der Wassergeburten sind zwei Schulterdystokien zu verzeichnen. Einmal bei einer älteren Drittgebärenden mit dem größten Kind (4.660g), das bisher im Wasser geboren worden ist. Das zweite Mal bei einer 32jährigen Zweitgebärenden und einem 3815 g schweren Kind mit Zustand nach VE bei der ersten Geburt. Die Situation wurde jeweils in der Wanne mit dem bereits "geborenen" Kopf im Wasser von der Hebamme bei geduldigem Abwarten während der 4. Presswehe mit Entwicklung des hinteren Armes nach Barnum bewältigt. Auch diese zwei Kinder hatten keine Anpassungsschwierigkeiten bei gutem arteriellen Nabelschnur pH-Wert und Base Excess.
Von kinderärztlicher Seite wird aus den bisherigen Erfahrungen am Krankenhaus Sterzing bestätigt, dass die Geburt im Wasser aufgrund des beim reifen Kind maximal ausgebildeten Schutzmechanismus beziehungsweise Diving-Reflexes kein Risiko für die ungestörte Anpassung des Neugeborenen darstellt. Infektionen, speziell Aspirationspneumonien, traten nicht auf und sind auch nicht zu befürchten (2e,13).
Das auf Körpertemperatur angewärmte Wasser muß selbstverständlich Trinkwasserqualität aufweisen und das Leitungssystem des Krankenhauses sollte nicht mit Keimen, wie Legionellen und Pseudomonaden, kontaminiert sein. Da diese Keime in hoher Konzentration im vor 25 Jahren installierten Leitungssystem des Krankenhauses wiederholt nachgewiesen wurden, sind mit Erfolg Filtersysteme in den Zuleitungschläuchen der Gebärwannen eingebaut worden. In einer Studie der Geburtshelfer und Pädiater dieses Hauses und Mikrobiologen des Biologischen Labors des Landes, wurde bei 200 Geburten mit bakteriologischen Untersuchungen der mit Wasser gefüllten Wanne nach dem Auffüllen und nach der Geburt die Kontamination des Wassers mit Keimen bestimmt (13). Obwohl nach der Geburt im Wasser der Gebärwanne eine z.T. sehr hohe Bakterienanzahl (insbesondere coliforme Keime, Escherichia coli, Enterokokken und Pseudomonas aeruginosa) festgestellt werden konnte, wiesen die Wasserbabies keine erhöhte Infektionsrate auf. Nur 2,3% der Neugeborenen aus der Wanne hatten Infektionszeichen wie Tachypnoe, Nasenflügeln, periphere Zyanose und erhöhte CRP-Werte gegen 2,9% der Landbabies. Entgegen den Befürchtungen haben Infektionen bei den Neugeborenen also nicht zugenommen.


Schlussfolgerungen

Die Wassergeburt hat sich am Krankenhaus Sterzing rasch etabliert, ja sie ist mittlerweile die beliebteste Gebärmethode (Abb.2). Die Möglichkeit im Wasser zu gebären, scheint eine große Anziehungskraft auszuüben, weshalb sehr viele Frauen weite Anreisen auf sich nehmen, um nicht nur im Wasser zu gebären, sondern auch das familiäre und freundliche Ambiente und eine ruhige Atmosphäre rund um die Geburt "genießen" zu können. Da die Geburt ein wichtiger Meilenstein im Rahmen der bewußten Lebens- und Familienplanung ist, ist es das Ziel des geburtshilflichen Teams, die Frauen zu einem schönen Geburtserlebnis zu verhelfen, welches durch die Geburt im Wasser vorzüglich gewährleistet ist. Gerade die Wassergeburt ist eine auf möglichst wenige Interventionen ausgerichtete, frauenfreundliche Geburtshilfe. Deshalb führt sie auch zu einer hohen Zufriedenheit der Gebärenden, die in der Wanne eine aktive Rolle spielen, große Bewegungsfreiheit genießen und sich durch den Schutz der Intimsphäre geborgen fühlen, da sie von vielen unnötigen Untersuchungen verschont bleiben (2a,5). Es galt deshalb die Eigenverantwortlichkeit und differenzierten Ansprüche der Frauen und deren Partner unter der Geburt und im Wochenbett in das geburtshilfliche Konzept einzubauen und die Abteilung als einen Dienstleistungs- und nicht als einen Versorgungsbetrieb zu verstehen: wo die wichtigsten Persönlichkeiten die werdenden und jungen Eltern (Mütter mit ihren Partnern) sind (2a).
Deshalb war es auch ein Anliegen, den Vater nach der Geburt nicht nach Hause zu schicken, sondern neben den Kreißsälen sozusagen Schlafräume einzurichten, in denen die Eltern mit ihrem Baby zusammen bleiben können, um das Entstehen der wichtigen Bindung zwischen Mutter, Vater und Kind zu fördern (3).
Die gegenüber der Wassergeburt teilweise emotionell geführten Diskussionen und kritischen Äußerungen von Vertretern der Geburtsmedizin (die Wassergeburt- eine sträfliche Modetorheit !)(14), der Neonatologen und Hygieniker sind größtenteils verstummt. Die befürchteten Komplikationen, von der Aspiration bis zum Ertrinken und der erhöhten Infektionsgefahr für das Neugeborene,sind ausgeblieben. Vermehrte Dammrisse sowie verstärkte postpartale Nachblutungen bei der Mutter sind nicht aufgetreten (2e,4,5). Selbstverständlich müssen dabei die strengen Richtlinien im Sinne einer sorgfältigen Überwachung der Gebärenden und insbesondere der kindlichen Herztöne sowie die hygienischen Standards der Wannenreinigung eingehalten werden.
Nach den bisherigen Erfahrungen am Krankenhaus Sterzing wurde bei 4% der Gebärenden wegen eines suspekten CTG's die Geburt im Wasser abgebrochen. Gravierende intrauterine Azidosen konnten so vermieden werden. Aufgrund dieser strengen Maßnahmen ist es nie zu einer gefährlichen Situation bei den Wassergeburten, für das Baby oder die Gebärende, gekommen.
Die Geburt im Wasser ist bei sorgfältiger geburtsmedizinischer Überwachung sowie Geburtsleitung für Mutter und Kind nicht gefährlich. Sie bietet mehrere Vorteile: neben der größtmöglichen Entspannung und der vermehrten Bewegungsmöglichkeit im Wasser, eine verkürzte Eröffnungsphase, aufgrund der schmerzlindernden Wirkung des warmen Wassers keine zusätzlichen Schmerzmittel, signifikant weniger beziehungsweise keine Dammschnitte und insbesondere eine besseres Geburtserlebnis(2a,5,15,16).
Die Installation der Gebär- wannen, die Familien- und das Stillzimmer sind integrierende Bestandteile eines Gesamtkonzeptes, dessen Ziel es ist, dass, neben dem alles übergeordneten Wohlergehen des Babys, die Eltern die Geburt ihres Kindes als ein schönes und intensives Erlebnis in Erinnerung behalten und die junge Familie mit der Überzeugung nach Hause geht: sie hat etwas Einmaliges erlebt und eine wunderbare Erfahrung gemacht.


Literatur

  1. Husslein P.: Perspektiven in der Geburtshilfe
    Geburtsh Frauenheilk, 58 (1998), M50 - M54
  2. Thöni A.: Gebären und Geboren werden im Wasser
    a) Deutsche Hebammenzeitung 1/1999, 3-6 und 4/2000, 198-2001, Elwin Staude Verlag
    b) Seminar des Frauenarztes, Seite 225 - 232, Frauenarzt 40. Jahrgang 2/1999
    c) SPECULUM 2/2000, 15-18, Krause & Pachernegg GmbH, Wien
    d) Gynäk. prax., Marseille Verlag, 25, 2, 2001, 233-239
    e) Geburtsh Frauenheilk 2002; 62: 977-981 Georg Thieme Verlag, Stuttgart
  3. Lothrop H., Holzhausen: Das Stillbuch, Kösel Verlag München , 2000
  4. Eldering G, Selke K: Wassergeburt: eine mögliche Entbindungsform?
    Geburtsh Frauenheilk 56 (1996) 670 - 676
  5. Eberhard J., Geissbühler V., Stein S.: Alternative Gebärmethodenverändern die Geburtsmedizin. Geburtsh Frauenheilk 2001; 61: 771-7
  6. Kuntner L.: Neue Erkenntnisse und Ansichten über die Gebärhaltung
    Hans Marseille Verlag, 1991
  7. Perl F.M., Helms E.E.: Wie sinnvoll sind Episiotomien?
    Die Hebamme 3/2000: 127-133, Hippokrates Verlag
  8. Mayerhofer K, Bodner K, Joura EA, Kalmar B, Kaider A, Husslein P
    Klassischer Dammschutz - Ende eines Mythos?
    Ergebnisse einer prospektiv- randomisierten multizentrischen Studie mit 1076 Frauen
    SPECULUM 18. J. Sonderheft 1/2000, 52
  9. Dannecker C; Anthuber C., Hepp H.: Die Episiotomie Grenzen, Indikationen und Nutzen
    Gynäkologe 2000.33:864-871
  10. Schneider K. T. M., München: Die Episiotomie - Inzidenz, Indikationen und klinischer Stellenwert. Seminar des Frauenarztes Seite 1.560 - 1.562
    Der Frauenarzt, 37. Jahrgang, 10/1996
  11. Harrison RF, Breman M, Wickham E.A.: Is routine episiotomy necessary?
    British Medical Journal 1984, 288: 1971-1975
  12. Wood C., Benning H.: A control trial demonstrates that speeding birth favourably affects cord blood pH . J. Reprod. Fertil 36 (2) 472-3, 1974
  13. Moroder L.,Thöni A.,Mussner K.: Über das Infektionsrisiko bei Wassergeburten
    Sterzinger Infektionsstudie. In Springer, Supplement 1, Archives of Gynecology
    and Obstetrics., Volume 267.September 2002, S 99, Düsseldorf
  14. Künzel W.: Wassergeburt - eine Geburt ohne Risiko?
    Vorbehalte zu einem neuen Entbindungsverfahren, Gynäk. prax. 437 - 441 (1999)
  15. Kamayani DC: Water birth: A European perspective.
    I Nurse Midwifery 1989; 4: 190-192
  16. Johnson J., Odent M., Wir alle sind Kinder des Wassers
    Kösel Verlag GmbH & Co., München


Über das Infektionsrisiko bei Wassergeburten
Thöni A., Mussner K., Moroder L.
geburtshilflich-gynäkologische Abteilung,
pädiatrische Abteilung, Kreiskrankenhaus Sterzing/Südtirol
mikrobiologisches Labor Bozen


Fragestellung
Wassergeburten werden zunehmend beliebter und immer mehr Frauen entscheiden sich für diese Gebärmethode. Skeptiker, zumal Geburtsmediziner, Neonatologen und Krankenhaushygieniker, warnen jedoch vor dem Infektionsrisiko. Das Ziel dieser Studie war die im Jahr 2001 und 2002 im Wasser geborenen Babies und das auf Körpertemperatur angewärmte Wasser in der Gebärwanne zu analysieren und insbesondere das Infektionsrisiko bei den Wasserbabies mit den Landbabies zu vergleichen.


Methode
Im Zeitraum März 1997 - Mai 2002 wurden an unserer Abteilung 1200 Babies im Wasser geboren. Ab dem Jahr 2001 wurde in einer prospektiven Studie in Zusammenarbeit mit dem biologischen Labor des Landes das Wasser in der Gebärwanne auf die darin enthaltenen Keime untersucht. Dazu erfolgte die Entnahme zweier Wasserproben aus der Wanne, die erste
nach Füllung mit dem Leitungswasser (A-Probe), die zweite nach erfolgter Geburt in der Wanne (B-Probe). Zusätzlich wurde vom Pädiater das Auftreten von Infektionen bei den Neugeborenen, die im Wasser oder auf dem Land (Bett-u/o Hocker) geboren sind, in den Tagen des stationären Aufenthaltes untersucht.

Ergebnisse
Von den im Jahr 2001 und 2002 erfolgten 464 Wassergeburten wurde bei 200 die Keimbestimmung im Wasser vorgenommen. Bei der A-Probe fanden sich in 12% Legionellen, in 11% Pseudomonas aeruginosa, in 19% Entertokokken, in 21 % Gesamt-Coliforme und in 10% Escherichia coli. Bei den B-Proben konnten in 82 % eine erhöhte Belastung durch Gesamt-Coliforme Keime und in 64% Escherichia coli mit Konzentrationen von bis zu 105 KBE/10ml, sowie eine mäßige Belastung (8-21%) durch Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus und Hefepilze nachgewiessen werden.
Bei 2,1 % Wasserbabies wurde wegen klinischen (Tachypnoe, Nasenflügeln, Zyanose) und biochemischen Verdacht (CRP-Anstieg, Blutbild) auf eine beginnende Infektion ein Antibiotikum verabreicht im Vergleich zu 2,9% Landbabies.


Schlußfolgerung
Aufgrund der mit Legionellen und Pseudomonaden belasteten A-Proben wurden mit Erfolg Filtersysteme im Zuleitungsschlauch der Gebärwanne eingebaut.
Es ist offensichtlich, daß in der Wanne, während der Pressphase, unkontrolliert Stuhl abgeht und das Wasser mit den verschiedensten Keimen kontaminiert (B-Proben). Trotzdem sind kindliche Infektionen, insbesondere Aspirationspneumomien, nicht, wie befürchtet, nach Wassergeburten häufiger aufgetreten als nach Landgeburten.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen ist bei der Geburt im Wasser die Sicherheit des Kindes gewährleistet: selbsverständlich müssen dabei die strengen Richtlinien im Sinne einer sorgfältigen Überwachung sowie die hygienischen Standards der Wannenreinigung eingehalten werden.


© 2003 beim Autor

Der Autor:
Dr. Albin Thöni
Gynäkologie und Geburtshilfe
Krankenhaus Sterzing/Südtirol
St. Margarethenstr. 24, 39049 Sterzing/Italien
Tel. 0472/720417
e-mail: gynaekologie.sterzing@sb-brixen.it